Die Tür für ein neues Leben geöffnet…

Wir waren eine Familie, die durch dick und dünn ging. Mit allen Auf und Ab, die ich in langjährigen Beziehungen für „normal“ halte. Unsere Kinder wurden „flügge“ und gingen langsam ihre eigenen Wege. Wir hatten wieder mehr Zeit für einander, haben uns aber auf unserem gemeinsamen Wegen, von mir unbemerkt- dabei selbst verloren. Das habe ich lange Zeit nicht wahr genommen, nicht akzeptiert, nicht verstanden. Die Theaterferien rückten näher und damit eine Urlaubszeit von 4 Wochen, die ich allein und ohne Familie herumbringen musste. Mir gingen einige Urlaubsideen durch den Kopf, aber immer irgendwie verbunden mit dem inneren Bedürfnis nach einer Auszeit.

Eine Bekannte erzählte mir vor längerer Zeit von einer Ayurvedakur in Sri Lanka. Sie beschrieb, wie sie zu sich kam, wie Ruhe und Entspannung Ihren Geist auch für Neues öffnete. Irgendwie erinnerte ich mich daran und buchte kurzerhand eine Ayurvedakur für 14 Tage nach Sri Lanka, mit einer Verlängerung, um mir auch das Land anzuschauen. Ich bekam eine exzellente Beratung mit vielen Tipps für das „ehemalige“ Ceylon.

Während der Ayurvedakur wohnte ich in einem Lehmbungalow mit Ventilator und Moskitonetz. Einfach, schlicht und sauber. Der Mensch braucht nicht viel. Zu den Mahlzeiten gab es nur vegetarisches Essen, für mich als „Fleischfresser“ war das anfänglich sehr gewöhnungsbedürftig. Die erste Woche der „Ausreinigung“ vertrug ich sehr gut, das Gedankenkarussell drehte sich langsamer. Anfänglich verspürte ich überhaupt keine Lust, mich irgendwelchen anderen Gästen in Gesprächen zu öffnen. Sondern es war sehr angenehm: „so allein mit mir“. Einfach mit sich selbst klar zu kommen, sich reflektieren, nur still im Liegestuhl zu sitzen und prasselnden Regentropfen zu zuschauen. Ja es war Monsunzeit, aber so fühlte ich mich auch.

Ich dachte über vieles aus der Vergangenheit nach, sah ein, daß ich Fehler gemacht hatte, aber dazu trotzdem immer zwei Menschen gehören. Die täglichen Yoga- und Meditationsübungen empfand ich ergänzend als sehr angenehm. Ab der 3. Nacht schlief ich bereits wieder durch. Erheblich, das hätte ich nicht erwartet! Männer waren in der Kurklinik eher in der Unterzahl. Ich genoss die Massagen, schwitzte mächtig in der Dampfsauna und freundete mich mit Ingwertee an. Sehr lecker übrigens! Obwohl ich zwischendurch bei den Temperaturen durchaus Appetit auf ein kühles Pils hatte.

In der zweiten Woche fiel mir Marion auf. Ich freute mich über ihr kräftiges und herzhaftes Lachen. In Gesprächen über die einzelnen Anwendungen kamen wir uns näher, vieles nahmen wir nicht so ernst und verloren uns in Alltagsblödeleien. Marion wollte sich auch Sri Lanka ansehen, so daß wir in der letzten Urlaubswoche zusammen reisten. Es war genial! Wir fuhren mit öffentlichen Bussen, lernten im Stehen zu schlafen, entdeckten die spirituelle Atmosphäre des Felsentempel in Dambulla. Blickten gemeinsam vom Felsmonolithen Sigirya über die weite Dschungellandschaft und fütterten freche Affen mit Bananen. Wir versprachen uns nach dem Urlaub uns wiederzusehen.

Etwas leichter und mit viel mehr Lebensfreude bin ich aus Sri Lanka zurückgekehrt. Ich habe mir eine Wohnung gesucht, nach meinen Idee eingerichtet und besuche Marion oft, obwohl sie weit weg wohnt. Mein Blick geht nicht mehr so oft zurück, sondern nach vorn. Das Rad des Lebens dreht sich weiter. Ruhe und Gelassenheit habe ich aus Sri Lanka mitgenommen und bin geerdet und offen für Neues zurückgekehrt. Nach Sri Lanka werde ich zurückkehren.

(Steffen, 52 Jahre)